Lichtplanung & Steuerung für solide Ergebnisse

Einleitung: Vom Wissen zur Praxis – Licht richtig einsetzen

Freunde der grünen Daumen, willkommen zu Kapitel 22! In den letzten beiden Kapiteln haben wir eine Menge gelernt: Wir wissen jetzt, was Licht physikalisch ist, wie es auf unsere Cannabis-Pflanzen wirkt (Kapitel 20) und welche verschiedenen Lampen-Technologien uns zur Verfügung stehen (Kapitel 21). Das ist die unerlässliche Theorie. Aber wie setzen wir dieses Wissen nun in die Praxis um? Wie sorgen wir dafür, dass unsere Pflanzen genau die richtige Menge und Art von Licht bekommen, die sie für ein gesundes Wachstum und eine fette Ernte brauchen?

Genau darum geht es in diesem Kapitel: um die konkrete Lichtplanung für Euren Anbauraum oder Euer Zelt und die Steuerung der Beleuchtung im Tages- und Lebenszyklus der Pflanze. Das klingt vielleicht kompliziert, ist es aber mit etwas Systematik gar nicht. Ich zeige Euch Schritt für Schritt, wie Ihr Euren Lichtbedarf ermittelt, die passende Lampe auswählt, sie richtig positioniert und die Lichtzyklen steuert. Ziel ist es, eine möglichst effiziente und gleichmäßige Beleuchtung zu erreichen, die Euren Pflanzen guttut und gleichzeitig Euren Geldbeutel (zumindest ein wenig) schont. Also, Ärmel hochkrempeln, jetzt wird geplant!

Schritt 1: Den Lichtbedarf deiner Pflanzen bestimmen

Bevor wir über Lampen und Aufhängung nachdenken, müssen wir wissen: Wie viel Licht brauchen meine Pflanzen überhaupt? Die Antwort darauf haben wir in Kapitel 20 mit den Begriffen PPFD und DLI bereits ausführlich besprochen. Hier nochmal die Kurzfassung als Basis für unsere Planung:

  • PPFD (Photosynthetic Photon Flux Density): Die momentane Lichtintensität auf Höhe der Pflanzen, gemessen in $\mu mol/m^2/s$.
  • DLI (Daily Light Integral): Die gesamte Lichtmenge pro Tag, gemessen in $mol/m^2/d$.

Zielwerte festlegen: Als Erstes müsst Ihr Euch überlegen, welche Ziel-PPFD- bzw. DLI-Werte Ihr erreichen wollt. Die Richtwerte aus Kapitel 20 (basierend auf [^KnightBugbee2022] und Praxiserfahrung) sind ein guter Startpunkt:

  • Sämlinge/Stecklinge: 100-300 PPFD / 10-15 DLI
  • Vegetatives Wachstum: 250-600 PPFD / 20-40 DLI
  • Blütephase: 500-1000 PPFD / 30-50 DLI

Wichtig: Seid realistisch! Es bringt nichts, als Anfänger ohne CO2-Anreicherung und perfekte Klimakontrolle auf 1500 PPFD zu zielen. Das führt nur zu Lichtstress und Problemen. Für solide Ergebnisse ohne CO2 sind Zielwerte von 700-900 PPFD in der Blüte meist ein sehr guter Kompromiss aus Ertrag und Machbarkeit.

DLI erreichen: Der DLI ergibt sich aus der Intensität (PPFD) und der Dauer der täglichen Beleuchtung.

  • In der vegetativen Phase beleuchten wir meist 18 Stunden pro Tag (18/6 Zyklus). Um einen DLI von z.B. 30 $mol/m^2/d$ zu erreichen, braucht man eine durchschnittliche PPFD von: $PPFD = \frac{DLI \times 1,000,000}{Stunden \times 3600} = \frac{30 \times 1,000,000}{18 \times 3600} \approx 463 , \mu mol/m^2/s$
  • In der Blütephase beleuchten wir meist 12 Stunden pro Tag (12/12 Zyklus). Um einen DLI von z.B. 40 $mol/m^2/d$ zu erreichen, braucht man eine durchschnittliche PPFD von: $PPFD = \frac{40 \times 1,000,000}{12 \times 3600} \approx 926 , \mu mol/m^2/s$

Ihr seht: Um den gleichen (oder sogar höheren) DLI in der kürzeren Blütephase zu erreichen, braucht man eine deutlich höhere PPFD!

Legt also Eure Zielwerte für die verschiedenen Phasen fest. Das ist die Basis für die Auswahl der richtigen Lampe(n).

Schritt 2: Die richtige Lampe(n) auswählen

Jetzt wissen wir, wie viel Licht wir brauchen. Nun geht es darum, die passende Hardware auszuwählen, basierend auf dem Wissen aus Kapitel 21.

  • Technologie wählen: LED, HID, CMH? Wie besprochen, bieten LEDs die beste Effizienz und Flexibilität. Wenn das Budget es zulässt, sind sie meist die beste Wahl für den Heimanbau. CMH ist eine gute Alternative mit tollem Spektrum, NDL eine Budget-Option für die Blüte (wenn Hitze kein Problem ist).

  • Fläche berücksichtigen: Messt Eure genaue Anbaufläche in Quadratmetern ($m^2$). Die Lampe(n) müssen diese Fläche möglichst gleichmäßig ausleuchten können. Auch die Raumhöhe ist wichtig, da sie den möglichen Abstand zwischen Lampe und Pflanze beeinflusst.

  • Leistungsklasse / Gesamt-PPF berechnen: Wie stark muss die Lampe sein? Hier kommt die Effizienz ins Spiel.

    1. Benötigter Gesamt-PPF: Multipliziert Euren Ziel-PPFD-Wert (den Durchschnittswert, den ihr auf der Fläche erreichen wollt) mit der Fläche in $m^2$. Das Ergebnis ist der gesamte Photonenfluss (PPF), den die Lampe(n) effektiv auf die Fläche bringen müssen.
      • Beispiel: Ziel 800 PPFD auf 1m x 1m = 1 $m^2$. Benötigter effektiver PPF = 800 µmol/m²/s * 1 m² = 800 µmol/s.
    2. Benötigte Lampen-PPF: Da nicht alles Licht der Lampe auf der Fläche ankommt (Verluste durch Abstrahlung, Reflektion etc.), muss der tatsächliche PPF-Wert der Lampe (laut Hersteller) etwas höher sein. Als Faustregel kann man (je nach Reflektion und Setup) mit 10-30% Verlust rechnen. Sicherer ist es aber, sich an den PPFD-Maps der Hersteller für die jeweilige Fläche zu orientieren (siehe Schritt 3).
    3. Benötigte Lampenleistung (Watt): Wenn Ihr den benötigten Lampen-PPF kennt und die Effizienz der Lampe (in µmol/J) wisst, könnt Ihr die ungefähre elektrische Leistung (Watt) berechnen:
      • $Leistung (W) \approx \frac{Lampen-PPF (\mu mol/s)}{Effizienz (\mu mol/J)}$
      • Beispiel: Lampe soll 900 µmol/s PPF liefern und hat eine Effizienz von 2.7 µmol/J. Leistung ≈ 900 / 2.7 ≈ 333 Watt.
      • Wichtig: Das ist eine Schätzung! Entscheidend sind die real gemessenen PPFD-Werte unter der Lampe in Eurem Setup! Aber es hilft bei der Vorauswahl.
  • Eine große oder mehrere kleine Lampen?

    • Eine große Lampe: Oft günstiger in der Anschaffung für die gleiche Gesamtleistung. Kann aber schwieriger sein, eine gleichmäßige Ausleuchtung zu erzielen (Hotspot in der Mitte, dunkle Ecken).
    • Mehrere kleinere Lampen: Erlauben eine flexiblere Anordnung und oft eine bessere Uniformität der Ausleuchtung, besonders in rechteckigen oder größeren Räumen. Die Anschaffungskosten sind meist höher. Für quadratische Zelte bis 120x120 cm ist oft eine einzelne, passende Lampe (z.B. Spider-Style LED) eine gute Lösung.

Wählt also eine Lampe (oder Lampen) einer geeigneten Technologie, deren PPF und Abstrahlcharakteristik zu Eurer Fläche und Euren PPFD-Zielen passt.

Schritt 3: Positionierung und Abstand – Der Schlüssel zur Uniformität

Die beste Lampe nützt nichts, wenn das Licht nicht gleichmäßig dort ankommt, wo es gebraucht wird. Die richtige Aufhängung und der richtige Abstand sind entscheidend für die Uniformität der Beleuchtung. Ungleichmäßige Ausleuchtung bedeutet, dass manche Pflanzen zu viel Licht bekommen (Stress!), während andere im Halbschatten stehen und weniger Ertrag bringen.

  • Herstellerangaben nutzen (kritisch!): Gute Hersteller liefern PPFD-Maps oder “Footprint”-Diagramme, die zeigen, welche PPFD-Werte bei einem bestimmten Abstand auf einer bestimmten Fläche gemessen wurden. Das ist ein sehr guter Anhaltspunkt! Aber seid kritisch: Unter welchen Bedingungen wurde gemessen (offener Raum vs. reflektierendes Zelt)? Wie viele Messpunkte wurden verwendet?
  • Optimalen Abstand finden: Der “perfekte” Abstand ist ein Kompromiss:
    • Zu nah: Hohe PPFD in der Mitte (Hotspot, Gefahr von Lichtbrand), aber starker Abfall zu den Rändern. Bei HID/CMH zusätzlich Hitzestress.
    • Zu weit: Gleichmäßigere Ausleuchtung, aber insgesamt niedrigere durchschnittliche PPFD auf der Fläche – man verschenkt Potenzial oder braucht eine stärkere Lampe.
    • Faustregeln (sehr grob!): Bei LEDs oft 30-60 cm Abstand in der Blüte, bei 400W HID ca. 40 cm, bei 600W HID ca. 50-60 cm. Aber das hängt extrem von der Lampe, dem Reflektor/den Linsen und dem Raum ab! Messen ist unerlässlich!
  • Reflektoren und Linsen: Bei HIDs ist ein guter Reflektor (z.B. Adjust-A-Wing) entscheidend für eine breite, gleichmäßige Streuung. Bei LEDs haben die Dioden selbst oft Linsen oder die Anordnung auf dem Board/in den Bars bestimmt die Abstrahlung.
  • PPFD-Mapping zur Überprüfung: Der beste Weg, die optimale Höhe und Positionierung zu finden: Selber messen! Leiht oder kauft euch ein PAR-Meter und macht eine Rastermessung (siehe Kapitel 20) auf Höhe der Pflanzenspitzen bei verschiedenen Lampenhöhen. So seht ihr genau, wo die Hotspots und die dunklen Ecken sind und könnt den Abstand so wählen, dass ihr eine möglichst hohe und gleichmäßige PPFD auf der gesamten Fläche erreicht.

Mein Tipp: Die Ecken im Blick behalten! Achtet beim Messen und Positionieren besonders auf die PPFD-Werte in den Ecken und an den Rändern eurer Anbaufläche. Hier fällt die Intensität meist am stärksten ab. Eine gute Ausleuchtung erkennt man daran, dass die Werte in den Ecken nicht dramatisch (z.B. nicht mehr als 30-40%) unter dem Wert in der Mitte liegen. Lieber in der Mitte einen etwas niedrigeren Peak-Wert in Kauf nehmen und dafür die Ränder besser versorgen! Manchmal hilft es auch, die Lampe leicht zu neigen oder mehrere kleinere Lampen gezielt auf die Randbereiche auszurichten.

Die richtige Positionierung ist keine einmalige Sache – da die Pflanzen wachsen, müsst ihr den Abstand der Lampe regelmäßig anpassen, um die Ziel-PPFD im Kronendach konstant zu halten!

Schritt 4: Lichtzyklen steuern – Vegi und Blüte

Nachdem wir nun wissen, wie viel und wie gleichmäßig wir beleuchten, müssen wir uns noch um das wann kümmern: die Lichtzyklen. Cannabis ist eine photoperiodische Pflanze, d.h. ihre Entwicklung wird stark durch die Länge der Hell- und Dunkelphasen beeinflusst.

  • Vegetative Phase (Wachstumsphase):
    • Ziel: Kräftiges Wachstum von Blättern, Stängeln und Wurzeln. Keine Blüte!
    • Typischer Zyklus: 18/6 (18 Stunden Licht, 6 Stunden Dunkelheit). Andere Zyklen wie 20/4 oder 24/0 (durchgehend Licht) sind möglich, aber nicht unbedingt besser. 18/6 ist ein guter Kompromiss aus Wachstum und Energieeffizienz.
    • Warum so lange Licht? Cannabis braucht in der Vegi eine lange Tageslänge, um nicht in die Blüte zu gehen. Unter 14 Stunden Licht pro Tag kann es (je nach Sorte) anfangen, Blüten zu bilden – das wollen wir in dieser Phase vermeiden!
    • Intensität anpassen: In der Vegi brauchen wir weniger Lichtintensität als in der Blüte (siehe Schritt 1). Man kann mit ca. 50-70% der maximalen Lampenleistung fahren und den Abstand entsprechend anpassen.
  • Blütephase:
    • Ziel: Auslösung und Förderung der Blütenbildung (Buds!).
    • Typischer Zyklus: 12/12 (12 Stunden Licht, 12 Stunden absolute Dunkelheit).
    • Warum 12/12? Dieser Zyklus simuliert einen Herbsttag mit abnehmender Tageslänge und signalisiert der Pflanze: “Es wird Zeit, sich zu vermehren!”. Eine konstante, ununterbrochene Dunkelphase von 12 Stunden ist absolut entscheidend für die Auslösung und den Verlauf der Blüte.
    • Dunkelphase ist heilig! Jegliche Lichtunterbrechung (auch nur kurz!) in der Dunkelphase kann die Blüte stören oder sogar zu “Re-Veging” führen (die Pflanze versucht, zurück in die Wachstumsphase zu gehen). Keine Späße mit der Dunkelheit!
    • Intensität maximieren: In der Blütephase brauchen wir die volle Lichtleistung (bis zu den Ziel-PPFD-Werten aus Schritt 1). Passt den Abstand zur Lampe entsprechend an.
  • Automatische Schaltung:
    • Zeitschaltuhr: Eine Zeitschaltuhr ist unerlässlich, um die Lichtzyklen zuverlässig zu steuern. Digitale Zeitschaltuhren sind genauer als mechanische.
    • Smart Home: Wer es komfortabler mag, kann auch Smart-Home-Systeme nutzen (z.B. mit Apps steuerbare Steckdosen).
    • Dimmbare Lampen: Einige moderne LEDs sind dimmbar. Das erlaubt es, die Lichtintensität während des Tagesverlaufs oder in verschiedenen Phasen anzupassen (z.B. gedimmtes Licht in den ersten Blütewochen).
  • Übergang Vegi -> Blüte:
    • Direkt: Einfach die Zeitschaltuhr von 18/6 auf 12/12 umstellen.
    • Sanft: Manche Grower fahren einen sanfteren Übergang über mehrere Tage (z.B. Reduktion der Lichtstunden um 1h pro Tag). Das ist aber nicht zwingend notwendig. Wichtiger ist, dass die 12/12 Dunkelheit ab dem ersten Tag absolut eingehalten wird!
  • Probleme vermeiden:
    • Stromausfall: Bei einem Stromausfall während der Dunkelphase (besonders in der Blüte!) sofort handeln! Wenn der Strom nur kurz weg war (< 1-2 Stunden), ist es meist kein Problem. Bei längeren Ausfällen die Dunkelphase “verlängern”, um den 12/12 Zyklus wieder zu synchronisieren (z.B. wenn der Strom 4h weg war, die Beleuchtung 4h später einschalten).
    • Lichtlecks: Der Anbauraum muss absolut lichtdicht sein, besonders während der Blüte! Kleine Lichtlecks (z.B. durch Reißverschlüsse, Lüftungsschlitze) können die Blüte stören.

Die Steuerung der Lichtzyklen ist nicht kompliziert, aber sie erfordert Sorgfalt und Aufmerksamkeit. Besonders die 12/12 Dunkelphase in der Blüte ist nicht verhandelbar!

Schritt 5: Umgang mit Wärme und Energieverbrauch

Zwei ganz entscheidende Aspekte bei der Lichtplanung, die oft unterschätzt werden, sind das Wärmemanagement und die laufenden Kosten. Eine noch so gut geplante Lichtintensität bringt nichts, wenn die Pflanzen unter der Hitze leiden oder die Stromrechnung explodiert.

Wärmemanagement – Ein heißes Thema!

Jede Lampe, die Licht erzeugt, produziert unweigerlich auch Wärme als Nebenprodukt – das ist einfache Physik. Der Unterschied liegt darin, wie viel Wärme produziert wird und wie sie abgegeben wird.

  • HID (NDL/MH) und CMH/LEC: Diese Lampen sind bekannt für ihre hohe Wärmeentwicklung. Ein großer Teil der elektrischen Energie wird nicht in Licht, sondern direkt in Wärme umgewandelt, die vom heißen Brenner und Kolben abgestrahlt wird.

    • Infrarotstrahlung (IR): Ein signifikanter Teil dieser Wärme ist direkte IR-Strahlung, die Blätter und Oberflächen stark aufheizt, auch wenn die Raumluft vielleicht noch kühl ist. Das erfordert einen größeren Sicherheitsabstand zur Pflanzenspitze.
    • Raumtemperatur: Die gesamte Abwärme heizt natürlich auch den Anbauraum auf. Ohne eine leistungsstarke Abluftanlage, die die warme Luft kontinuierlich absaugt und durch kühlere Zuluft ersetzt, steigen die Temperaturen schnell in kritische Bereiche (>30°C), was Hitzestress und reduzierte Photosynthese zur Folge hat (siehe Kapitel 20).
    • Spezielle Reflektoren: Für HIDs gibt es spezielle luftgekühlte Reflektoren (“Cool Tubes” oder größere luftgekühlte Systeme), bei denen die Lampe in einem Glaszylinder sitzt, durch den Luft gesaugt wird, um die Hitze direkt abzuführen, bevor sie in den Raum gelangt. Das kann helfen, die Temperatur zu kontrollieren, reduziert aber oft auch die Lichtausbeute und Gleichmäßigkeit etwas.
    • Fazit HID/CMH: Man muss die Wärme aktiv managen! Ausreichend dimensionierte Lüfter (Abluft, Zuluft, Umluft) sind Pflicht. In warmen Umgebungen oder im Sommer kann sogar eine Klimaanlage nötig werden.
  • LED: Hier ist das Bild etwas anders. Moderne LEDs sind zwar viel effizienter, aber auch sie produzieren Wärme – nur eben anders.

    • Geringe IR-Strahlung: LEDs geben kaum direkte IR-Wärme ab. Das ist ein großer Vorteil, denn die Blätter direkt unter der Lampe heizen sich viel weniger auf. Man kann näher an die Pflanzen heran, ohne sie zu “verbrennen” (im thermischen Sinne).
    • Wärme an Chips & Treiber: Die Wärme entsteht direkt an den kleinen LED-Chips und am Treiber (der Stromversorgung). Diese Wärme muss effektiv abgeführt werden, damit die LEDs nicht überhitzen, was ihre Leistung und Lebensdauer drastisch reduzieren würde.
      • Passive Kühlung: Viele moderne LED-Boards/Panels nutzen großflächige Kühlkörper aus Aluminium, die die Wärme durch Konvektion an die Umgebungsluft abgeben. Das ist geräuschlos, erfordert aber ausreichend Luftbewegung um die Lampe herum.
      • Aktive Kühlung: Manche (oft ältere oder sehr leistungsstarke) LED-Lampen haben eingebaute Lüfter, um die Wärme aktiv abzutransportieren. Das ist effektiv, aber eine zusätzliche Geräuschquelle und Fehlerquelle (Lüfter kann ausfallen).
    • Raumtemperatur: Auch wenn weniger direkte Hitze auf die Pflanzen trifft, geben LEDs (insbesondere leistungsstarke Modelle) doch eine erhebliche Menge an Wärme an den Raum ab. Die Gesamtwärmelast einer LED mit z.B. 300W ist zwar geringer als die einer 400W NDL, aber sie ist immer noch da und muss durch Lüftung abgeführt werden. In sehr gut isolierten Räumen oder bei vielen Lampen muss man auch hier die Abluft entsprechend dimensionieren.
    • Umgekehrter Effekt im Winter: Während HIDs den Growraum oft “gratis” mitheizen, kann es bei effizienten LEDs in kühlen Kellerräumen im Winter nötig sein, zusätzlich zu heizen, um die optimale Temperatur für die Pflanzen zu erreichen.
    • Fazit LED: Weniger direkte Hitze auf die Pflanzen, aber die Abwärme der Lampe selbst muss trotzdem gemanagt werden (ausreichend Luftzirkulation um die Lampe, adäquate Raumlüftung). Das Klima lässt sich oft präziser steuern als mit HIDs.

Generelle Tipps zum Wärmemanagement:

  • Messen, messen, messen: Platzieren Sie Thermometer/Hygrometer auf Höhe der Pflanzenspitzen, um die tatsächlichen Bedingungen dort zu kennen.
  • Luftzirkulation: Sorgen Sie für gute Umluft im Raum (Schwenkventilatoren), um Wärmenester zu vermeiden und die Luft an den Blättern auszutauschen.
  • Zuluft/Abluft: Dimensionieren Sie Ihre Lüfter passend zur Raumgröße und zur Abwärme Ihrer Lampen (mehr dazu in Teil 5: Luft & Klima).

Energieverbrauch und Kosten – Was kostet der Spaß?

Licht ist oft der größte Stromfresser beim Indoor-Anbau. Es lohnt sich, den Verbrauch im Auge zu behalten:

  • Berechnung des Verbrauchs:

    1. Leistung in Kilowatt (kW): Rechnen Sie die elektrische Leistungsaufnahme Ihrer Lampe(n) (und anderer Verbraucher wie Lüfter, Pumpen etc.) von Watt (W) in Kilowatt (kW) um (geteilt durch 1000).
      • Beispiel: Eine LED-Lampe hat 300 W = 0.3 kW.
    2. Betriebsstunden pro Tag: Wie viele Stunden läuft die Lampe täglich? (z.B. 18 h in der Vegi, 12 h in der Blüte).
    3. Täglicher Verbrauch (kWh): Multiplizieren Sie die Leistung (kW) mit den Betriebsstunden pro Tag.
      • Beispiel: 0.3 kW * 18 h = 5.4 kWh pro Tag (in der Vegi).
    4. Monatlicher Verbrauch (kWh): Multiplizieren Sie den täglichen Verbrauch mit ca. 30 Tagen.
      • Beispiel: 5.4 kWh/Tag * 30 Tage ≈ 162 kWh pro Monat.
    5. Monatliche Kosten (€): Multiplizieren Sie den monatlichen Verbrauch (kWh) mit Ihrem Strompreis pro Kilowattstunde (€/kWh).
      • Beispiel: 162 kWh * 0.35 €/kWh = 56.70 € pro Monat (bei einem angenommenen Preis von 35 ct/kWh – Stand Anfang 2025 in Deutschland oft zwischen 30-40 ct).
  • Effizienz ist bares Geld: Hier sehen Sie, warum die Photonen-Effizienz (µmol/J) so wichtig ist! Eine Lampe mit 3 µmol/J braucht für die gleiche Lichtmenge (PPFD auf der Fläche) deutlich weniger Strom als eine Lampe mit nur 1.5 µmol/J. Die höheren Anschaffungskosten einer effizienten LED können sich über die Stromrechnung schnell amortisieren!

    • Grobe Rechnung: Um z.B. 800 PPFD auf 1m² zu erreichen (benötigter effektiver PPF ~800 µmol/s, Lampen-PPF vielleicht ~950 µmol/s), bräuchte man:
      • Mit einer 1.5 µmol/J HID: ca. 950 / 1.5 ≈ 633 Watt Leistung.
      • Mit einer 2.7 µmol/J LED: ca. 950 / 2.7 ≈ 352 Watt Leistung.
      • Das ist fast die Hälfte der Stromkosten für die gleiche Lichtmenge!
  • Kosten optimieren:

    • Effiziente Lampen wählen: Der größte Hebel!
    • Dimmen nutzen: In Phasen mit geringerem Lichtbedarf (Sämling, frühe Vegi) die Lampe dimmen, falls möglich.
    • Zeitschaltuhr präzise einstellen: Keine Minute unnötig brennen lassen.
    • Reflektion optimieren: Gut reflektierende Wände holen mehr aus jedem Watt heraus.
    • Nebenkosten bedenken: Vergessen Sie nicht die Kosten für Lüfter, eventuelle Heizung oder Kühlung.

Herr Brackhaus meint: Realistisch bleiben! Indoor-Anbau kostet Strom, da führt kein Weg dran vorbei. Seid ehrlich zu euch selbst, was euer Budget hergibt. Manchmal ist eine etwas weniger ertragreiche Ernte unter einer günstigeren Lampe besser als eine explodierende Stromrechnung, die einem den Spaß verdirbt. Aber: Wer langfristig plant, für den lohnt sich die Investition in eine hocheffiziente LED fast immer. Und denkt an die Wärme – eine gute Abluft ist nicht nur für die Pflanzen, sondern auch für die Sicherheit und die Kontrolle der Stromkosten (wenn keine Klimaanlage nötig wird) entscheidend!

Fazit: Checkliste für die erfolgreiche Lichtplanung

Eine sorgfältige Lichtplanung ist keine Raketenwissenschaft, aber sie erfordert, dass man die verschiedenen Faktoren berücksichtigt. Hier ist eine Checkliste, die Ihnen helfen soll, an alles Wichtige zu denken:

  • [ ] Bedarf ermittelt?
    • Anbaufläche in $m^2$ bekannt?
    • Verfügbare Höhe im Raum/Zelt gemessen?
    • Klare Ziele für vegetative Phase und Blütephase?
    • Realistische Zielwerte für PPFD und DLI festgelegt (unter Berücksichtigung von CO2-Nutzung, Erfahrung)?
  • [ ] Lampen-Technologie gewählt?
    • LED, HID (NDL/MH), CMH/LEC oder andere?
    • Vor- und Nachteile abgewogen (Budget, Effizienz, Spektrum, Wärme)?
  • [ ] Richtige Lampe(n) ausgewählt?
    • Ausreichender PPF-Output für die Fläche und Ziel-PPFD?
    • Möglichst hohe Effizienz (µmol/J)?
    • Passendes Spektrum für die Hauptanwendung (Vegi/Blüte/Vollzyklus)?
    • Vertrauenswürdiger Hersteller mit transparenten Daten und guter Qualität (Chips, Treiber, Kühlung)?
    • Lampe dimmbar (falls gewünscht/sinnvoll)?
    • Garantiebedingungen geprüft?
  • [ ] Anzahl & Platzierung geplant?
    • Eine oder mehrere Lampen für optimale Flächenabdeckung?
    • Empfohlener Abstand und Footprint laut Hersteller (kritisch) geprüft?
    • Start-Abstand festgelegt (mit Spielraum nach oben für Pflanzenwachstum)?
    • Reflektierende Wände/Materialien vorhanden und optimal genutzt?
    • Plan für PPFD-Messung (Mapping) zur Überprüfung der Uniformität vorhanden?
  • [ ] Steuerung & Zyklus klar?
    • Zuverlässige Zeitschaltuhr(en) vorhanden und programmiert?
    • Korrekte Lichtzyklen für Vegi (z.B. 18/6) und Blüte (12/12) geplant?
    • Absolute Lichtdichtheit während der Dunkelphase sichergestellt?
  • [ ] Klima-Management bedacht?
    • Ausreichende Abluft/Zuluft für die Wärmeabfuhr der gewählten Lampe(n) vorhanden?
    • Thermometer/Hygrometer zur Kontrolle auf Pflanzenhöhe platziert?
    • Luftzirkulation im Raum gewährleistet?
  • [ ] Sicherheit geprüft?
    • Elektrische Installation sicher und korrekt (FI-Schalter)?
    • Ausreichend Abstand zu brennbaren Materialien?
    • UV-Schutz vorhanden (falls zutreffend)?
    • Brandschutz (Rauchmelder) bedacht?

Herr Brackhaus’ letztes Wort zur Planung: Nehmt euch die Zeit für diese Planungsschritte! Eine halbe Stunde mehr Nachdenken und Rechnen vor dem Kauf kann euch später viele Stunden Ärger, hohe Stromkosten oder enttäuschende Erträge ersparen. Wer sein Lichtsystem versteht und bewusst plant, hat schon halb gewonnen!

Damit schließen wir die Grundlagen der Lichtplanung ab. Im nächsten Kapitel tauchen wir dann noch tiefer ein in fortgeschrittene Strategien für alle, die das letzte Quäntchen Optimierung suchen!